Das Verhältnis zwischen Individuum und Organisation war immer ein schwieriges. Die Hierarchie steuert den Arbeitseinsatz mittels Anweisungen und Direktiven und verlangt gleichzeitig Eigeninitiative und Übernahme von Verantwortung vom Individuum. Im Spannungsfeld dieser beiden Pole, ist eine Verlagerung in Richtung einer neuen und selbstbestimmten Form der Kooperation zu beobachten.
Immer häufiger versucht die Hierarchie, die Interessen und Motivationen von freien Produzenten (Peers) zu nutzen, um Innovationsraten zu erhöhen, Produkte anzureichern und zu vertreiben. Dieser ”Kognitive Surplus“ an Zeit, Ideen, Fähigkeiten und Motivation ist aber nur möglich, weil ihn die Hierarchie paradoxerweise zulässt: Nur weil die Unternehmung die Individualität nicht effizient nutzen kann, entsteht ein Überschuss an Ideen und Tatkraft, der sich in Peer-to-Peer-Kooperationen (P2P-Kooperationen) manifestiert. Diese wiederum müssen von der Organisation integriert werden, um im Hyperwettbewerb bestehen zu können.
Die Hierarchie wird nicht verschwinden. Sie wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren immer mehr die Logiken der P2P-Produktion aufnehmen. Sie wird P2P-Arbeitsweisen über virtuelle Plattformen integrieren und sich zu Netarchien, zu einem Hybrid aus Hierarchie und Peer-Produktion, transformieren. Diese Transformation ist in den einzelnen Unternehmensfunktionen (Produktion, Marketing, Human-Resource, Forschung und Entwicklung usw.) bereits im vollem Gange. Dieser Prozess bringt Herausforderungen, aber auch Chancen für beide Strukturformen mit sich: Die Hierarchie gewinnt neue, vielfach günstige Kapazitäten, kann sie aber nicht per Anweisung steuern, sondern muss neue Wege der Motivation und indirekten Führung suchen. P2P gewinnt Kundenorientierung, kann aber seine Selbstbestimmtheit und Innovationsfähigkeit verlieren. Schließlich ist diese radikale Individualisierung nicht ohne Risiko für jeden Einzelnen, da Sicherheitsnetze fehlen und die Kosten ”ein bloßes Individuum“ zu sein, sehr hoch sein können.